Eine Avifauna für den Kanton St.Gallen und die beiden Appenzell

BirdLife St.Gallen startet im Frühling 2026 mit einer mehrjährigen Bestandeserfassung der Vogelwelt in den Kantonen St.Gallen, Appenzell Innerrhoden und Appenzell Ausserrhoden. Dabei liegt der Fokus auf Arten, die für den angewandten Naturschutz von besonderem Interesse sind. Aktuell werden im Rahmen von Pilotkartierungen erste Erfahrungen mit der Projektmethode gesammelt. Ab nächstem Jahr ist das ehrgeizige Projekt auf die Unterstützung zahlreicher Freiwilliger angewiesen.

Gute Kenntnisse über die Verbreitung von Arten sind im Naturschutz unverzichtbar. Sie sind wichtig für die Planung von Artenförderungsprojekten, aber auch für die Beurteilung von raumrelevanten Vorhaben. Aktuelle Datengrundlagen helfen bei der naturverträglichen Planung und Realisierung solcher Projekte am richtigen Ort.

Deshalb hat BirdLife St.Gallen ein ehrgeiziges Projekt zur Erfassung des Vogelbestandes in den Kantonen St.Gallen, Appenzell Innerrhoden und Appenzell Ausserrhoden gestartet: die Avifauna St.Gallen – Appenzell.

Viele Kartierende sind für das Avifauna-Projekt unterwegs (Bild: BirdLife St.Gallen)

Ein Projektteam ist seit 2023 mit der Entwicklung der Methodik und der Organisation der Erhebung beschäftigt. In diesem Sommer schwärmen erstmals Kartierende aus, um die eigens für dieses Projekt entwickelte Methode zu testen. Jede kartierende Person bearbeitet ein quadratisches Gebiet von 5 Kilometern Seitenlänge (Atlasquadrat von 25 Quadratkilometern Fläche). Der Fokus liegt dabei auf 60 Vogelarten, die sehr selten sind oder für die das Projektgebiet eine besondere Bedeutung als Lebensraum hat. Oft kommt nur ein kleiner Teil eines Atlasquadrats als Lebensraum für die Projektzielarten in Frage. Nur diese Teilgebiete werden dann auch begangen. Dadurch reduziert sich die bearbeitete Fläche – und damit der zeitliche Aufwand – deutlich. Auch zu diesem Aufwand soll das Pilotjahr verlässlichere Zahlen liefern. Basierend auf den Erfahrungen dieser Pilotkartierenden wird im kommenden Winter die projekteigene Methode einen letzten Schliff erhalten.

Ab dem nächsten Frühling startet das Avifauna-Projekt in die eigentliche Erhebungsphase. Dann werden dutzende Kartierende in ihren jeweiligen Kartiergebieten unterwegs sein, um das ehrgeizige Projekt zu realisieren.

Die Feldlerche vierliert als Bodenbrüter immer mehr von ihrem Lebensraum (Bild: BirdLife Schweiz)

Bis dann muss BirdLife St.Gallen noch weitere erfahrene Feldornitholog:innen und weitere Naturbeobachter:innen für die Mitarbeit gewinnen. Am 9. November 2025 findet deshalb in St.Gallen ein öffentlicher Informationsanlass zur Avifauna St.Gallen – Appenzell statt. Dort erhalten Interessierte sämtliche notwenigen Detailinformationen zum Projekt, um über eine Teilnahme zu entscheiden. Daneben stehen an diesem Anlass interessante Vorträge zu vogelkundlichen Fachthemen auf dem Programm. Alle Infos zum Projekt Avifauna St. Gallen – Appenzell findet man laufend auch unter https://www.birdlife-sg.ch/avifauna-st-gallen-appenzell/. Dort kann man sich für den Newsletter einschreiben, um keine News zum Projekt mehr zu verpassen.

Die Projektkoordination erfolgt professionell durch die Geschäftsstelle von BirdLife St.Gallen. Die Avifauna St.Gallen-Appenzell wird substanziell vom Lotteriefonds des Kantons St. Gallen unterstützt. Weitere Körperschaften haben ebenfalls Beiträge zugesichert. Die Finanzierung ist noch nicht vollständig gesichert.

Wozu eine neue Avifauna St.Gallen – Appenzell?

Heute werden schweizweit im Rahmen diverser Programme Verbreitungsdaten zu Brutvögeln gesammelt. Diese Erhebungen liefern wertvolle Informationen über die Verbreitung und die zeitliche Entwicklung der Brutvogelbestände in der Schweiz. Bei naturschützerisch besonders relevanten Arten und bei spezifischen regionalen und lokalen Fragestellungen ist die Datenbasis aber oft lückig. Mit dem vorliegenden Projekt will BirdLife St. Gallen bestehende Wissenslücken über die aktuelle Vogelwelt mit eigenen, gezielten Erhebungen schliessen.

Die Feldlerche kommt beispielsweise nur im Landwirtschaftsgebiet vor. Dort bewohnt sie extensiv bewirtschaftete Felder, Wiesen und Brachen. Durch den fortgeschrittenen Verlust und die Fragmentierung ihrer Lebensräume sind die Feldlerchenpopulationen in vielen Regionen erloschen. Wie gross ihre letzten Bestände noch sind, soll im Rahmen des Projekts untersucht werden. Die singenden Männchen können gut auf morgendlichen Rundgängen in vermuteten Brutgebieten erfasst werden.

Der Alpensegler brütet in St.Gallen und Appenzell wie der Mauersegler fast ausschliesslich an Gebäuden. Der Fortbestand dieser Art ist dort stark vom Menschen anhängig. Leider sind die Brutplätze sowie die Grössen seiner Kolonien oft nicht genau bekannt. Diese Wissenslücke soll geschlossen werden, damit in Zukunft bei Renovationen und Ersatz an den Gebäuden geeignete Schutzmaßnahmen ergriffen werden können.

Ein Ziel des Avifauna-Projekts ist auch, die breite Öffentlichkeit zu sensibilisieren. Das Projekt soll aufzeigen, wie stark die Bestände gewisser Vogelarten in St.Gallen und Appenzell in den letzten Jahrzehnten abgenommen haben. Und es möchte der Bevölkerung verständlich machen, wie wertvoll Vögel sind als unverzichtbare Bindeglieder im ökologischen Gefüge.

Die Avifauna des Kantons St. Gallen wurde erstmals 1983 (Anderegg et al.) systematisch beschrieben. Basis waren Felderhebungen in Hecken und Kiesgruben sowie insgesamt 86 für Vögel als besonders günstig eingestufte Gebiete. Beteiligt waren rund 150 freiwillige Kartierende. Seither wurde keine vergleichbaren Bestandesaufnahmen mehr über das gesamte Kantonsgebiet durchgeführt. In den beiden Appenzell fehlen vergleichbare Erhebungen bisher.

Kontakt für weitere Informationen:

BirdLife St.Gallen
Cornelia Jenny, Geschäftsführerin
gs@birdlife-sg.ch

Medienmitteilung von BirdLife St.Gallen vom 7. Juli 2025